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Vision Film
Im Sog der Stadt

31.8. - 16.9.07
Österreichisches Museum für Volkskunde
Laudongasse 15-19, 1080 Wien
bei freiem Eintritt





31.8. - 2.9.
Programm 1
Großstadtsinfonie

Die Filmgeschichte war und ist eng mit der städtischen Entwicklung verbunden, es gibt keine Periode des Kinos, in der die Stadt nicht essentiell das Kino belebte. Es scheint so, als wäre Kino ohne ihr nicht denkbar.
Zwei Klassiker der Filmgeschichte und eine aktuelle Arbeit eines heimischen Filmemachers liefern eine Bandbreite über das, wie die Stadt ihr Zeitgefühl, Raumeindrücke und akustische Reize auf den Film überträgt. Oder umgekehrt, wie das Kino sich die Bedingungen der Stadt sich zunutze macht.


Fr 31.8., 20.45 Uhr
Cheloveks kino apparatom - Der Mann mit der Kamera
Regie: Dziga Vertov, Kamera: Michail Kaufman, Schnitt: Jelizaveta Svilova
Stummfilm, UDSSR 1929, 68 min, 16mm

Der Mann mit der Kamera zählt zu den innovativsten Werken der Filmgeschichte. „Nichts Geringeres will Der Mann mit der Kamera darstellen als das Leben. Das Kollektivleben einer Stadt.“ (Siegfried Kracauer, Frankfurter Zeitung, 19. Mai 1929)
Eröffnung mit anschließender Dj-Line.

Sa 1.9., 20.45 Uhr
Playtime
Regie: Jacques Tati , F 1967; 120 min, 35mm

Tati kämpft in der Rolle der Filmfigur Monsieur Hulot gegen die Widrigkeiten des komplizierten Großstadtlebens. Er bewegt sich in einer Welt, die nach anderen Maßstäben funktioniert. Komik und Abenteuer liegen in dieser Komödie in den banalsten Dingen des urbanen Alltags.

Jaques Tati ist möglicherweise Jerry Lewis minus Gesang und Sentimentalität und "Playtime" ist die ultimative Symphonie einer Großstadt: eine monumentale Extremform der Komödie, wie auch des Spielfilms überhaupt. Einmal mehr spielt Tati Zeit und interessiert sich (wie Godard geschrieben hat) für alles und nichts und genau darauf kommt es an: auf Glasfassaden und andere Oberflächen, auf ein superbuntes Gewusel aus Figuren, auf so viele Geräusche, in die auch die Redefetzen der Menschlein einstimmen. Jedes Bild bleibt Totale, jeder Ton bleibt Phantom, jede Szene im Fluss und jeder Gag ein Teil dessen, was en passant passiert. Manche Leute finden das fad, aber sie irren sich. (Drehli Robnik)

So 2.9., 20.45 Uhr
Life in Loops
Regie: Timo Novotny
Musik: Sofa Surfers, Ö 2006, 97 min, 35mm

Life in Loops ist ein Remix aus Bildern und Tönen. Ein Neuschnitt des Films "Megacities" von Michael Glawogger, der als Ausganspunkt diente. (Timo Novotny)

Weitläufiger als das “Original”, ferne an Walter Ruthmanns Berlin "Die Sinfonie der Großstadt" erinnernd, ist Life in Loops ein grooviger Trip durch die Metropolen, ohne verlogene „Anteilnahme“ für die Erniedrigten und Beleidigten, aber mit einem wütend - genauem Blick auf deren Situation.

Anschließend Publikumsgespräch mit Timo Novotny.
 

 
7.9. - 8.9. Programm 2

Wien revisited

Wien ist anders, vor allem dann, wenn man genauer hinzusehen wagt. Mit diesem Programm unternehmen wir den Versuch, ungewohnte Blickwinkel auf und aus Wien einzunehmen.
Die Filme sind durchwegs wienerischen Ursprungs, die Vielfalt und Bandbreite des ortsansässigen Kinos ist offenkundig.


Fr 7.9., 20.45 Uhr
Kurz und Gut (Kurzfilmprogramm)
50/96 Snapshots (for Bruce), Kurt Kren; 5 min
Opernball; Max Linder; 8 min
Speak Easy; Mirjam Unger, 20 min
Prince of Peace; Hans Scheugl, 8 min
P.R.A.T.E.R.; Ernst Schmidt jr.;, 21 min
Subcutan, Johannes Rosenberger,  20 min
alle Formate: 16mm

Rasante Motivsuche, eine Persiflage auf die TV-Kommentation des Wiener Opernballs, direkte Sprache über das Telefon, alltäglicher Untergrund, billiger Hochglanz, ein Blick unter die Haut der Stadt: Wien, gesehen und nochmals gesehen mit den Augen heimischer Filmemacher.

Anschließend Publikumsgespräch mit Johannes Rosenberger.


Sa 8.9., 20.45 Uhr
Exile Family Movie
R: Arash T. Riahi
Ö / Iran 1994-2006, 92 min, 35mm

Eine Familiengeschichte - normal, verrückt und außergewöhnlich zugleich. Ein Film über Exil und Heimat, über Eltern, Großeltern, Geschwister und all die anderen nahen und fernen Verwandten einer persischen Großfamilie, die teils nach Europa und Amerika emigriert, großteils aber im Iran geblieben ist. Allen Gefahren zum Trotz gibt es nach 20 Jahren ein geheimes Wiedersehen an einem für die iranische Obrigkeit unverdächtigen Ort: in Mekka.

Vorfilm: Phantom fremdes Wien
Ö 1991/2004, 27 min
Regie: Lisl Ponger
"Fremdes Wien“ nennt die Foto- und Filmkünstlerin Lisl Ponger eine "Weltreise“ durch 70 Länder, die sie 1991 und 1992 unternommen hat, ohne die Stadt Wien zu verlassen.

Anschließend Publikumsgespräch mit Lisl Ponger.



14.9. - 16.9. Programm 3

Von Haus zu Haus

Die Wohnung und das Haus sind die kleinsten Bausteine der Stadt und zugleich die intimen Rückzugsbereiche des Städters. Sie bieten Schutz und sind das letzte Schild vor Attacken auf den Körper. Was sich hinter des Nachbars Türe ereignet, ist verbotenes Terrain und zugleich die wohlige Höhle, das traute Heim.
Verteidigt und umkämpft, sind die Wohnräume (symbolischer) Schauplatz gesellschaftlicher Auseinandersetzungen – die folgenden Filme erzählen davon.


Fr 14.9., 20.45 Uhr
Die Strategie der Schnecke
R: Sergio Cabrera, D: Frank Ramírez, Fausto Cabrera, Florina Lemaitre
Kolumbien 1993, OmU, 115 min, 35mm

Der Besitzer eines alten Mietshauses in einem Vorort von Bogotá will die Bewohner auf die Straße setzen. Diese entwickeln aber einen wagemutigen Plan, mit dem sie sich gegen die Willkür des profitgierigen Spekulanten wehren können. Ein Film mit umwerfendem Charme, intensiv und phantasievoll, der gegen unsoziale Zustände nicht nur in Kolumbien mobil macht.

Sa 15.9., 20.45 Uhr
Hände über der Stadt
R: Francesco Rosi, D: Rod Steiger, Salvo Randone, Marcello Cannavale
I/F 1963, 105 min, 16mm

Dort, wo der Recherchejournalismus an der mächtigen Baulobby und dem politischen Filz Neapels scheitert, verhilft der Filmemacher Rosi der Öffentlichkeit zu ihrem Recht. Nach und nach legt er die Machenschaften offen, die dem korrupten Nottola (Rod Steiger) zu immer mehr Einfluss und Reichtum verhelfen. Seine mangelhaft gebauten und nachlässig kommissionierten Zinskasernen brechen deutlich rascher zusammen als sein verbrecherisches Imperium. Francesco Rosi, selbst Neapolitaner, erhielt für diesen Film den Goldenen Löwen von Venedig.

So 16.9., 20.45 Uhr
Themroc
R: Claude Faraldo. D: Michel Piccoli, Béatrice Romand, Marilù Tolo ...
F, 2006, 104 min, 35mm

Jeden Tag die gleiche Routine, die gleiche Tristesse. Eines Tages hat der Arbeiter Themroc genug: Er verweigert die gutbürgerliche Ordnung, nagelt die Wohnungstür zu und bricht die Wand zur Straße auf! Themroc mutiert zum Höhlenmenschen und genießt ungeniert das unzivile freie Leben. Seine Nachbarn sind schockiert, doch plötzlich ergreift eine Woge der Begeisterung die ganze Stadt - die Menschen wollen frei sein! Die autoritäre Staatsmacht aber muss der Anarchie selbstverständlich Einhalt gebieten…

Anschließend liest El Awadalla aus ihrem Buch „Wienerinnen“.